„Wer im Internet surft, hat das Gefühl, über den Ärgernissen des Alltags zu schweben. Statt aber im Himmel zu landen, findet man sich alsbald im Fegefeuer des Informations-Überangebotes wieder . . .“
(Georg Wailand, Journalist und Publizist)
Kompetenzen eines Online-Redakteurs
Was muss ein Online-Redakteur denn alles können? Nicht ganz leicht zu beantworten, diese Frage! Das Berufsbild ist noch relativ jung, eine standardisierte Ausbildung gibt es nicht und die Anforderungen variieren je nach Einsatzgebiet. Wer einen Blick in einschlägige Stellenanzeigen wirft, erkennt das Problem auf Anhieb: Mal wird ein Content-Produzent gesucht, der in Rekordzeit möglichst viele Texte „raushaut“. Ein anderes Mal ist es der auf ein komplexes CMS spezialisierte Technikfachmann, der auch HTML, CSS und mindestens eine Skriptsprache flüssig beherrschen sollte. Dann schließlich wird das universelle Multitalent gesucht, das auch noch profunde Layout- und Marketingkenntnisse mitbringt. Generell lassen sich die Kompetenzen eines Online-Redakteurs demnach so kategorisieren:
- Sprachkompetenz: Lesen vs. Scannen, allgemeine Regeln, nichtlineares Erzählen, Storytelling.
- Marketingkompetenz: Push vs. Pull, AIDA-Formel, SEO für Texter.
- Technikkompetenz: Content Management Systeme, Plugins, Extensions & Tools, HTML & CSS, spezielle Kommunikationslösungen.
- Designkompetenz: Typographie und Farblehre, Nutzerführung und Usability.
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Kompetenzen I: Sprache
Selbstverständlich sollte jeder Online-Redakteur die deutsche Sprache in Orthografie, Grammatik, Semantik und Stilistik sicher beherrschen. Auch wird ein routinierter Umgang mit dem journalistischen Handwerkszeug, insbesondere der Arbeit in und mit unterschiedlichen Textgattungen, ebenso konsensuell vorausgesetzt wie das Wissen um Recherchetechniken und den kompetenten Einsatz von Quellen, Content-Formaten und Tools. Jedoch gibt es einige grundlegende Besonderheiten, die sich in ihrer Anwendung teilweise sehr deutlich von der Arbeit des Printjournalisten unterscheiden.
Das Leseverhalten des Users einer Webseite weicht in vielen Punkten signifikant von dem eines Zeitungs- oder Zeitschriftenlesers ab. Zum einen dauert das sorgfältige Wort-für-Wort-Lesen online etwa 25% länger als bei gedruckten Medien, zum anderen werden Online-Inhalte auch sehr gern „zwischendurch“ konsumiert: etwa während der Arbeit oder spontan auf einem mobilen Device. In solchen Situationen überfliegt der User meist nur die zuerst sichtbaren Informationen – Headline und Teaser – und widmet sich erst bei gewecktem Interesse dem gesamten Text. Und selbst dann wird dieser Text nicht sofort komplett gelesen, sondern zunächst ebenfalls überflogen. Man spricht bei diesem Prozess vom „Scannen“ des Textes, da das Auge des Users nur bei Zwischen- oder Bildunterschriften, hervorgehobenen Wörtern, Aufzählungen oder bestenfalls einzelnen Sätzen eines längeren Abschnitts hängenbleibt.
Dieses „Scannen“ stellt den Online-Redakteur natürlich vor ganz besondere Herausforderungen an die Textgestaltung.
Zumindest sollten Sie Ihren Überschriften ganz besondere Aufmerksamkeit widmen, und zwar nicht nur hinsichtlich diverser SEO-Kriterien. Lernen Sie, Ihren Leser einzufangen und zum Weiterlesen anzuregen. Strukturieren Sie Ihren Text außerdem mithilfe von Zwischenüberschriften und Textauszeichnungen, stellen Sie die wichtigen Textinhalte an den Anfang und lassen Sie vertiefende Erläuterungen erst später folgen. Wenn Sie dann noch konsequent auf eine „einfache“ Sprache ohne Fremdworthäufungen, „Wortmonster“ mit deutlich mehr als zwölf Zeichen, Schachtelsätze und überlange Abschnitte achten, sind Sie bereits auf dem richtigen Weg.
Kompetenzen II: Marketing
Ein guter Texter darf durchaus Freude am Verkaufen mitbringen. Damit ist nicht unbedingt (aber auch) das Anpreisen eines Produkts oder einer Dienstleistung gemeint. In erster Linie geht es darum, ein Thema, eine Idee und natürlich den Text selbst für den Leser attraktiv zu gestalten. In der Medienwelt gibt es wie im Marketing zwei Methoden, um an Information zu gelangen; die eine ist das Push-, die andere ist das Pull-Verfahren.
Beim Push-Verfahren wird der Informationsfluss maßgeblich vom Verfasser gesteuert. Klassische Beispiele sind Rundfunk, Fernsehen, aber auch traditionelle Printprodukte, die über prominente Platzierung im Handel, Displayauslagen oder sogar die kostenlose Verteilung an den Mann gebracht werden müssen.
Im Internet hingegen stellt sich der Leser seine Inhalte selbst zusammen, er sucht aktiv nach Informationen und springt intuitiv von einer Informationseinheit zur nächsten. Es handelt sich demnach eindeutig um ein Pull-Medium.
Doch muss dieses Pull-Verfahren keine Einbahnstraße sein. So wie der Leser versucht, Informationen zu sich zu ziehen, können und sollten Sie versuchen, den Leser zu Ihren Informationen zu ziehen. Zumindest sollten Sie möglichst auf „unique content“ stezen, diesen Content nach anerkannten SEO-Kriterien bearbeiten können (on-page wie off-page) und wichtige Marketingformeln wie KISS und AIDA kennen und bei der Texterstellung berücksichtigen können.
Kompetenzen III: Technik
Die wichtigste und wesentliche Technikkompetenz eines Online-Redakteurs besteht im sicheren Umgang mit dem eingesetzten Content Management System. Dazu gehören die Arbeit mit Editoren, der Einsatz von Themes oder Templates zur grafischen Gestaltung und die Implementierung von Plugins zur Funktionserweiterung. Auch sollten zumindest Grundkenntnisse in HTML und CSS vorhanden sein, um in den vom CMS erzeugten Code wo unbedingt nötig oder gewünscht eingreifen zu können.
Andere technische Kompetenzen bilden direkte Schnittstellen mit den kommunikativen Fähigkeiten des Online-Redakteurs. Im Gegensatz zum Printjournalismus erfolgt der Austausch mit dem Leser wesentlich direkter, unmittelbarer und über unterschiedliche Kanäle, die wiederum auf nicht einheitlichen technischen Lösungen basieren. Größere Unternehmen, die ihren Lesern oder Kunden mehrere Kommunikationsmöglichkeiten anbieten, stellen als Bindeglied zwischen Seitenbetreiber und Benutzer meist einen eigenen Community Manager ein oder lagern zum Beispiel den Chat-Support in ein Contact Center aus.
Kompetenzen IV: Design
Als Online-Redakteur werden Sie viele Designentscheidungen und den damit verbundenen Aufwand durch den Einsatz vorgefertigter Lösungen umgehen können. Wo sich etwa bei einem Printmagazin gleich mehrere Grafiker um die Gestaltung des Layouts kümmern, kommen bei Webprojekten in der Regel zugekaufte Themes bzw. Templates zum Einsatz, die das Aussehen und in großen Teilen auch die Struktur der Website definieren. Selbstverständlich lassen sich solche Themes in Typographie und Farbgebung anpassen, daher sollten Sie besonders in diesen Bereichen mit den wesentlichen Grundlagen vertraut sein.
Nahezu alle gängigen Schriftarten (Fonts), die heute im Online-Journalismus zum Einsatz kommen, werden Ihnen bereits aus dem Printbereich geläufig sein. Derzeit hält jede Druckerei mehrere 10.000 Fonts vor, online werden sie eine noch wesentlich größere Auswahl finden. Wichtiger als die Verwendung eines bestimmten Fonts an sich, ist die konsequente Anwendung einer einheitlichen Typogroaphie innerhalb des gesamten Webprojekts: Entscheiden Sie sich für eine Serifenschrift oder für eine serifenlose Schrift aus den „Web Safe Fonts“, verwenden Sie innerhalb eines Textes nicht mehr als zwei Varianten dieser Schrift und verzichten Sie auch bei Textauszeichnungen auf einen Wechsel der Schriftart.
Auch wenn Farben auf den Leser von Printmedien anders wirken wie auf den User vor dem Bildschirm, sind die grundlegenden optischen und physikalischen Eigenschaften und das Empfinden von Farben an sich identisch. Farben können Aufmerksamkeit erregen und Emotionen auslösen. Generell gilt, dass warme Farben ähnlich anregend und aktivierend wirken wie ein Sonnentag, sie scheinen zudem gegenüber kalten Farben hervorzutreten. Kalte Farben wirken dagegen eher beruhigend und kühlend, sie treten in der Raumwirkung zurück.
Wie viel verdient ein Online-Redakteur?
Anmerkung: In diese Auswertung nach Bundesländern sind neben bei Redaktionen und Unternehmen jeglicher Größe angestellten Online-Redakteuren auch die Angaben von Frei- und sogar Nebenberuflern eingeflossen. Heute und unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen dürften die jeweiligen Durchnittseinkommen daher signifikant höher liegen.
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Über den Autor: Dr. Martin Mirbach
Autor, Herausgeber und Publizist
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