„Die Sudler sollten ihre Dummheit an etwas anderm auslassen, als an der deutschen Sprache.“
(Arthur Schopenhauer, deutscher Philosoph)
Gibt es überhaupt problematische Wörter?
Immer wieder toller Stoff für Diskussionen: problematische Wörter, deren Gebrauch Sie jeweils genau abwägen sollten. Teils doppeldeutig, teils missverständlich. Dann wieder bürokratisch konstruiert oder historisch negativ behaftet. Noch häufiger nur schlecht übersetzt oder hergeleitet. Hier 25 häufig zu findende Beispiele:
ab (Vorsilbe)
Laut Wolf Schneider die überflüssigste Vorsilbe nach „an“ und „auf“.
Beispiele: „Anhaltenden Nasenausfluss bei Hunden abklären lassen“ (Merkur vom 07.05.2019), „Die Zuwanderungspolitik sollte auf Familien abzielen“ (Der Tagesspiegel vom 20.03.2019), „Ballermann-Partysänger Peter Wackel will Texte abmildern“ (Weserkurier vom 25.04.2019) – alle diese Beispiele funktionieren mindestens genauso gut ohne die Vorsilbe „ab“ und sogar noch besser mit einem jeweils sorgfältig gewählten Verb.
Weder zielte Wilhelm Tell auf den Apfel ab, noch segnet der Papst neugeweihte Priester am Ende der Primizmesse ab. Vgl. auch „abändern“, „abmildern“, „absichern“, „absinken“ oder „abstützen“.
allermeiste
geschwätzige Verdoppelung von „die meisten“: Eine weitere Steigerung ist nicht möglich, für „aller“ bleibt kein Platz nach oben, auch nicht bei einer sehr großen Mehrheit.
Beispiel: „Die allermeisten Flüchtlinge wollen bleiben“ (Welt vom 24.10.2016).
andenken
häufig verwendet im Sinne von „ein Problem andenken“, also „sich an ein Problem heran denken“. Gemeint ist „ein Problem gedanklich erörtern“, das Andenken ist nichts anderes als ein Souvenir.
Albert Einstein meint sehr treffend: „Wer ein Problem lösen will, muss das Gedankengebäude, in dem dieses Problem entstanden ist, verlassen.“
anlässlich
bedeutet, etwas zum Anlass nehmen, also etwa: „Anlässlich seines 90. Geburtstages stiftete Warren Buffet eine Universitätsprofessur.“ Aber nicht: „Anlässlich seines 90. Geburtstages lud Warren Buffet 500 Gäste ins Nobelrestaurant.“ Hier müsste es heißen: „Zu seinem 90. Geburtstag …“. Entscheidend ist die unmittelbare Zugehörigkeit zum Kern des Anlasses, nicht die Bedeutung des Anlasses als solcher.
Beispiele: „Empfang anlässlich der gamescom in Köln“ (medienboard BerlinBrandenburg, undatiert – ganz konkret war der offizielle Empfang am 21.08.2016 von 17 bis 19 Uhr gemeint); „Anlässlich unseres 30-jährigen Firmenjubiläums“ (rskgroup vom 19.09.2018), gemeint war eine Einladung (Umwelt-Talk) zum 30-jährigen Firmenjubiläum.
anlasten
bürokratisches Kunstwort, das jemandem eine „Last aufbürden“ soll, etwa als Folge eines Vergehens. Eigentlich gemeint ist „vorwerfen“ oder „anhängen“.
Beispiel: „EU-Länder können Lkw externe Kosten anlasten“ (Deutsche Verkehrs-Zeitung vom 26.05.2011).
beinhalten
beim flüchtigen Lesen [scannen] missverständlich („Warum das Bein und nicht den Arm?“) und dann eher anatomisch oder erotisch assoziiert.
Beispiel: „Was sollte eine gute und leistungsfähige Unfallversicherung beinhalten?“ (Finanzberatung Bierl vom 03.07.2012) – andere Extremitäten sind hoffentlich mitversichert …
Bevölkerung
wäre ein Vorgang (im Gegensatz zur „Entvölkerung“). Das Grundgesetz spricht vom Volk („Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.“ Art. 1, Abs. 2), gebräuchlich ist ebenso die Bezeichnung „Staatsvolk„ als „Gesamtheit der durch die Herrschaftsordnung eines Staates vereinigten Menschen“.
Beispiele: „Ärztepräsident wettert gegen Spahn-Reformen: „Gefährdet die Bevölkerung“ (Focus vom 25.05.2019); „China: Schrumpfende Bevölkerung, schrumpfende Städte“ (Heise vom 19.03.2019); „Bevölkerung Deutschlands wächst erneut“ (n-tv vom 25.01.2019).
Alltagssprachlich politisch und werblich meist korrekt reflektiert („Wir sind das Volk“ [Parole der Montagsdemonstrationen 1989/90]; „Halber Preis für das ganze Volk!“ [BahnCard-Werbung 1994]; „Volks“-Produkte der Axel Springer AG.)
Wer die Bezeichnung „Volk“ dennoch als zu pathetisch oder gar völkisch empfindet, der verwende „Bürger“, „Leute“, „Menschen“ oder „Einwohner(zahl)“.
bräuchte
falsch gebildeter Konjunktiv für „brauchte“. Der reine Konjunktiv macht das Deutsche zu einer „würdelosen“ Sprache, hier finden sich viele fiese Wörter: Wenn mir jemand eine gäbe, rauchte ich eine Zigarette. Aber niemals „räuchte“ ich.
Beispiel: „Eigentlich bräuchte ich drei Leben“ (Zeit zu leben, undatiert).
durchführen
Bürokratenjargon; bei Reuters als „Nazi-Wort“ ausdrücklich verboten; zudem missverständlich (im Sinne von „durch etwas hindurch geleiten“). Besser: ausführen, herbeiführen, verwirklichen, vollenden, vollziehen.
Beispiele: „Zusammenfassend darf also gesagt werden, daß nach dem augenblicklichen Stand der Röntgentechnik und -forschung es ohne weiteres möglich ist, eine Massensterilisation durch Röntgenstrahlen durchzuführen.“ (aus: Bericht über die Versuche betr. Röntgenkastration (Geheime Reichssache), in: ns-archiv. (hier: Nazi-Jargon); „Wer darf eigentlich welche Behandlungen durchführen?“ (myBody, undatiert) (hier: missverständlich: Darf ein Chefarzt seinen Assistenten durch eine Operation führen?)
einmal mehr
Häufig unbedacht verwendeter Anglizismus; wörtliche Übersetzung von „once more“. Schreiben Sie stattdessen besser „abermals“, „noch einmal“, „schon wieder“ oder kontextabhängig auch „aufs neue“, „wieder einmal“.
Beispiele: „Die CDU unterwirft sich einmal mehr der grünen Meinungshoheit“ (Tichys Einblick vom 04.07.2018); „Bürokratie einmal mehr ein Bremsklotz“ (Die Glocke vom 28.05.2019); „Hattingen greift einmal mehr nach einer Partnerstadt“ (WAZ vom 10.04.2019).
erfolgen
sog. [Verlegenheitswort], hat nichts mit „Erfolg“ zu tun. Bei Reuters ausdrücklich verboten. Stilistisch vergleichbar mit „beinhalten“ oder „befassen“.
Beispiele: „Startschuss: Spatenstich ist erfolgt“ (BürgerBreitbandNetz vom 14.03.2019); „Es erfolgen regelmäßige Kontrollen“ (Mühlacker Tagblatt vom 17.05.2019).
erklären
sollte nur im tiefer gehenden Sinnzusammenhang von „erläutern“ oder „feierlich verkünden“ verwendet werden, keinesfalls jedoch als Wiedergabe der wörtlichen Rede oder des Zitats. Dann einfach: „sagen“, „ankündigen“ oder „feststellen“. Etwa: „Der Geschäftsführer erklärte sagte, die Umstrukturierung verlief erfolgreich.“
Beispiele: „Danielle und Christian: Im Gespräch mit Inka Bause erklärten sie, dass sie kein Paar geworden sin.“ (sic!) (Bildunterschrift auf t-online.de, undatiert); „Trump wird Nationalen Notstand erklären“ (tagesschau.de vom 26.03.2019).
Herausforderung
Meist falsch verwendeter Anglizismus im Sinne einer wörtlichen Übersetzung von „challenge“ als Aufruf zu einer Tat (vgl. ice bucket challenge) oder Anstoß. Gemeint ist eigentlich die (große) Aufgabe. Wenn Aufgaben nicht groß genug erscheinen, müssen eben „Herausforderungen“ her.
Korrekte Verwendung nur als implizierte Provokation („Ich fordere jemanden heraus.“ oder „Eine Herausforderung“ (Märkische Allgemeine vom 27.05.2019, im Sinne von: Die AfD fordert etablierte Parteien heraus).
Beispiele: „Herausforderung für Ihr Unternehmen“ (ricoh.de, undatiert); „Apple Watch: Herausforderung zum Earth Day angekündigt“ (maclife vom 10.04.2019).
hinsichtlich
Bürokratenjargon als Ersatz für die einsilbigen Präpositionen „zu“, „für“ oder „vor“. Sollten Ihnen diese nicht konkret genug erscheinen, schreiben Sie stattdessen „im Hinblick auf“.
Beispiele: „Beratung hinsichtlich der Herausforderungen mehrsprachiger Websites“ (datawords, undatiert); „Die häufigsten Irrtümer hinsichtlich des perfekten Laufschuhs“ (loox.com vom 26.03.2019).
hochkarätig
Modisches Blähwort, wenn eine besondere Eigenschaft von Personen hervorgehoben werden soll (im Sinne von „hoch qualifiziert“ oder „von besonderer Prominenz“).
Korrekte Verwendung nur als hoher Karatwert von Edelsteinen oder zur Definition einer Legierung mit hohem Edelmetallanteil, etwa bei Goldschmuck (vgl. z. B. „Hochkarätig-Kollektion“ der Hoedemaker Goldschmiede)
Beispiele: „Symposium in Schlüchtern hochkarätig besetzt und gut besucht“ (Osthessen Zeitung vom 29.04.2019); „Es wird wieder hochkarätig“ (Schweriner Volkszeitung vom 20.11.2018)
immer mehr
soll wie [in etwa] ein offensichtliches Defizit in der Recherche oder einen Mangel an Präzision kaschieren. Beispiele: “Abitur: Immer mehr Schüler fallen durch.” (Wie viele genau? Im Vergleich wozu?); “Immer mehr Jugendliche sind zuckerkrank.” (In welchem Land? Seit wann?). Der in diesem Zusammenhang geläufige Begriff „immermehrismus“ als Synonym für mangelnde Recherchebereitschaft geht auf den Kultursoziologen Bernhard Rathmayr (vgl. u. a. 1994) zurück und wurde in den Folgejahren auch von maßgeblichen Leitmedien aufgegriffen (z. B. ZEIT Online). Vgl. “in etwa”.
Beispiele: „Es wird eng für Huawei: Immer mehr Mobilfunkanbieter stoppen Verkauf von Smartphones der Chinesen“ (businessinsider.de vom 22.05.2019, der Beitrag liefert keine konkreten Zahlen); „Handwerkerhöfe nehmen immer mehr Gestalt an“ (Freie Presse vom 25.05.2019, auch hier fehlen konkrete Zahlen).
in etwa
Bürokratenjargon; schreiben (oder sagen) Sie stattdessen und je nach Bedeutung einfach „etwa“ oder „ungefähr“.
Beispiele: „In etwa 200 Millionen Jahren formt sich ein neuer Superkontinent“ (kabeleinsdoku.de vom 29.11.2018); „Rettungsplan: Die NordLB wird in etwa halbiert – auch Stellen werden verlagert“ (hna.de vom 02.03.2019); „Ölpreise halten sich in etwa auf Dreimonatshoch“ (boerse.de vom 21.02.2019).
jede Menge
soll ein offensichtliches Defizit in der Recherche oder einen Mangel an Präzision kaschieren. Beispiele: „Die Unruhen in Paris forderten jede Menge Opfer in der unbeteiligten Bevölkerung“ (pietätlose Verallgemeinerung, wie viele konkret? Und wer?); „Die Umrüstung der Straßenlaternen auf LED-Technologie spart jede Menge Energie.“ (Wie viel genau? In Kilowattstunden? Im Vergleich wozu?). Vgl. auch [immer mehr].
Beispiele: „Jede Menge Verordnungen: Was die EU mit der Milch zu tun hat“ (Augsburger Allgemeine vom 14.05.2019 – zwar werden etliche Verordnungen exemplarisch genannt, deren genaue Zahl in Bezug auf Milch bleibt jedoch unklar); „Kaum Erdbeeren, aber jede Menge Spargel“ (RP Online vom 18.05.2019 – auch hier wird die genaue Spargelmenge, ebenso wie die der Erdbeeren, nicht genannt).
konzertieren
Anglizismus, wörtliche Übersetzung (besser: Nichtübersetzung) von „to concert“ (sich besprechen, sich verabreden). Auch eine „konzertierte Aktion“ gibt es nur im Englischen („concerted action“), gemeint ist das koordinierte Handeln oder das gemeinsame Vorgehen.
Korrekte Verwendung nur im Sinne von „ein Konzert geben“, etwa hier: „Gocher Mandolinenfreunde konzertieren mit Schulchor“ (RP Online vom 02.07.2018).
Beispiele: „Konzertierte Aktion Pflege – Zehn Prozent mehr Pflege-Azubis: Konzertierte Aktion Pflege legt verbindliche Ziele fest“ (Bundesgesundheitsministerium vom 28.01.2019 – hier geht das Konzertieren im Folgenden munter weiter); „Konzertierte Aktion Handel und Umwelt (CAT&E)“ (ioew.de, undatiert).
preiswert
heißt nichts anderes als „seinen Preis wert“. Auch ein Luxusauto kann mit entsprechender Ausstattung „seinen Preis wert sein“. Eventuell trägt es sogar in mancher Augen zur Aufwertung der sozialen Position seines Besitzers bei. Dennoch ist es für den Normalverdiener zu teuer. Obwohl der Handel das „Teure“ nicht gern als „teuer“ benennen möchte (kalkulierte Irreführung), bedeutet „preiswert“ also nicht „billig“. Was „billiger“ oder „günstiger“ ist als ein vergleichbares Produkt (oder als eine vergleichbare Dienstleistung), darf aber ruhig genauso bezeichnet werden.
Beispiele: „Preiswert bauen leicht gemacht“ (bautipps.de vom 04.07.2017); „So kommen Sie preiswert durch den Winter“ (SPON vom 06.10.2018); „Gut kochen – preiswert und schnell“ (Buchtitel, gesehen auf amazon.de).
realisieren
heißt nichts anderes als „verwirklichen“. Häufig missbräuchliche Verwendung als Anglizismus („to realize“) im Sinne von „sich etwas klarmachen“ oder „feststellen“.
Beispiele: „In 8 Schritten ein Projekt realisieren“ (emotion.de vom 27.04.2017); „Webseiten planen und realisieren“ (akademie.de, undatiert); „Verluste realisieren lohnt sich“ (FAZ vom 15.01.2001).
schlussendlich
kunstsprachliche (und neumodische) Verdoppelung von „zum Schluss“ und „endlich“. Gemeint ist ganz einfach „schließlich“ oder „letzten Endes“.
Beispiele: „Schlussendlich hilft die Technik auch nur halb“ (FAZ vom 23.06.2008); „Überhöhte Geschwindigkeit führt schlussendlich zur Festnahme“ (Saar Mosel News vom 18.05.2018); „Sekunden waren schlussendlich wichtig“ (Badische Zeitung vom 04.05.2012).
seitens
Bürokratenjargon: „Der Antrag verfiel der Ablehnung, obwohl seitens meiner sich dafür ausgesprochen worden war.“ Beispiel aus: Wolf Schneider: Handbuch des Journalismus. Gemeint ist meist „durch“ oder „von“.
Beispiele: „Welche Informationen gibt es seitens der DGUV zum Betrieblichen Ersthelfer?“ (BGHW, undatiert); „Es gibt keine neuen Anforderungen seitens des Jugendamtes“ (Der Saarpfalz-Kreis vom 24.04.2019); „Skandal ohne Konsequenzen seitens der Bundesregierung“ (heise.de vom 21.12.2018).
weitgehend
soll wie [in etwa] oder [immer mehr] ein offensichtliches Defizit in der Recherche oder einen Mangel an Präzision kaschieren.
Beispiele: „Vorstand weitgehend bestätigt“ (Wetterauer Zeitung vom 04.04.2019). Wurde der Vorstand nun überwiegend bestätigt, was dessen Mitgliederzahl angeht (Wie viele Vorstandsmitglieder gibt es überhaupt, wie viele davon wurden bestätigt?), oder von einer deutlichen Mehrheit der Wahlberechtigten (Prozentangaben sollten bei Wahlergebnissen nie fehlen, weitgehend könnte hier 30, 60 oder 90 % bedeuten)?; „Tschad: Seit einem Jahr weitgehend vom Internet ausgeschlossen“ (netzpolitik.org vom 01.04.2019). Hier mangelt es auch im folgenden Fließtext nicht an schwammigen Formulierungen („zunehmend“, „große Teile“, „immer wieder“, „weitreichend“, „der Großteil“, „viele“, „mehrere“, „manche“ etc.), der Leser kann sich nur durch das Verfolgen der eingestreuten Verlinkungen oder eigene Recherche genau informieren, der Beitrag selbst verharrt im Ungenauen.
zwischenzeitlich
könnte die Bronzezeit als Epoche der Menschheitsgeschichte zwischen Altsteinzeit und Eisenzeit beschreiben. Leider handelt es sich dabei jedoch nur um ein Bläh- und Bürokratenwort für „inzwischen“ oder ganz einfach „zwischendurch“.
Ausnahme: meditativer, (selbst) reflektierender Zustand zwischen zwei Lebensabschnittszeiten wie in „Zwischenzeitlich – in the meantime“ (Aane Anderson, ISBN-10: 3745044819).
Beispiele: „Mario Götze: Zwischenzeitlich ein hartes Stück Arbeit“ (Podcast vom 21.04.2019 auf sportschau.de); „Der Lippepegel ist zwischenzeitlich auf über 4 Meter angestiegen“ (Halterner Zeitung vom 18.03.2019); „Unfall auf A46 bei Wuppertal sorgt zwischenzeitlich für Sperrung und langen Stau“ (Westdeutsche Zeitung vom 14.05.2019).
Wortverbote ...
... gehören verboten!- Historizität: Man kann sich trefflich darüber streiten, doch tauchen manche Wörter in geschichtlich problematischem Kontext vermehrt auf. Die Nachrichtenagentur Reuters listet etwa so genannte „Nazi-Wörter“ und rät von deren Verwendung ab. Entscheiden Sie selbst: Lassen sich „Sonderbehandlung“, „Mischehe“, „Endlösung“ oder „ausmerzen“ vermeiden, wenn es nicht gerade um geschichtliche Abhandlungen geht?
- Doppeldeutigkeit: Lässt sich meist durch Genauigkeit in der Ausformulierung vermeiden: Meinen Sie den Absatz im Text oder am Schuh, den Bienenstich beim Imkern oder in der Konditorei, die Linse in der Suppe oder im Objektiv Ihrer Kamera? Ohne den erläuternden Nebensatz oder zumindest ein prägendes Adjektiv könnten Ihre Leser Sie schnell missverstehen.
- Political Correctness: Jetzt wird’s problematisch: Internationale Geheimdienste scannen Webseiten nach Begriffen wie „schmutzige Bombe“ oder „Methamphetamin“, aber auch nach „Schweinefleisch“, „Tornado“ oder „Flughafen“. Hier kommt es auf Ihren Content und dessen semantisch unverfänglichen Gesamtzusammenhang an, wenn Sie Einreise- oder gar Flugverbote vermeiden möchten.
- Bürokratenjargon: Unter diesem sehr treffenden Begriff versteht man abstrakte Suvstantive, die oft auf „ung“, „heit“, „keit“ oder „schaft“ enden – und sich unglaublich sperrig lesen. Schreiben Sie also lieber von Ärzten als von der Ärzteschaft, vermeiden Sie Zuwiderhandlungen und formulieren Sie so, dass der Leser es versteht. Ohne sich über die Verständlichkeit Gedanken zu machen.
- falsche Verwendungen: lassen sich bei sicherem Gebrauch der deutschen Sprache meist leicht vermeiden. Typische Beispiele: unzulässige Adjektivbildung („unterrichtlich“ statt „im Unterricht“) oder falscher Konjunktiv („bräuchte“ statt „brauchte“).
- Tradition: Nicht zuletzt gehört der Umgang mit scheinbar problematischen Wörter oder Wortkonstruktionen seit Generationen zur Journalistenausbildung, und dort werden die tollsten Merksätze („Auf Grund laufen nur Schiffe“, „Warum beinhalten und nicht den Arm“) nicht ohne Schadenfreude an junge Volontäre weitergegeben. In jedem Ausbildungsjahr aufs Neue …
Sprachpolizei?
Nicht für Sie! Alle Hinweise dieses Beitrags sind selbstverständlich nicht in Stein gemeißelt: Entscheiden Sie selbst, welche Wörter Sie verwenden möchten. Neben dem kontextuellen Zusammenhang sollten Ihr eigenes Sprachgefühl und die Erwartungen Ihrer Leser die einzigen, unumstößlichen Richtlinien bilden.
Zu diesem Beitrag
Natürlich ließen sich wesentlich mehr problematische Wörter auflisten als in diesem kurzen Beitrag. Exemplarisch, als Diskussionsgrundlage und zur eigenen Vertiefung finden Sie hier: